Die persönliche Einstellung
Der Genuss von Bier verlangt vor allem eines: Man sollte offen und unvoreingenommen daran gehen, mit Interesse am Bier und etwas Scharfsinn, um Aroma- und Geschmacksnoten ohne Furcht vor Gespött herauszudeuten.
Das Umfeld
Eine entspannte Atmosphäre ist vorteilhaft, denn der erste Eindruck ist oft am prägnantesten. Dieser Moment verlangt Präsenz und Konzentration. Musik oder Lärm können ablenken. Ebenso sind Zigarettenrauch, Küchengerüche und Parfüm zu vermeiden.
Die Auswahl
Drei bis sechs verschiedene Biere reichen aus, um Vielfalt zu erfahren. Mindestens ebenso spannend ist es, Biere einer einzigen Sorte, wie etwa nur Pils oder nur Weizen, zu verkosten. Denn dabei kann man den Nuancenreichtum eines einzigen Stils erkunden und ganz nebenbei seine Geschmacksnerven auf das Erkennen kleiner Unterschiede hin schulen.
Die Menge
Zwei, drei Schlucke reichen aus, um den Charakter eines Bieres zu erkennen. Somit reicht eine 0,5-Liter-Flasche für zwei bis drei Personen.
Das Glas

Alle Biere sollten aus dem gleichen Glastyp probiert werden. Ein klarer 0,2-Liter-Kelch mit einer das Aroma begünstigenden Rundung ist ideal. Das Glas bitte nicht ganz voll schenken: ein „Duftkamin“ für das Aroma darf frei bleiben.
Die Temperatur
Zu Vergleichs- und Beurteilungszwecken entfalten sich Aroma- und Geschmacksnoten vom Bier am besten bei einer Trinktemperatur von 12–15 °C. Nehmen Sie die Biere also etwa eine halbe Stunde vor der Bierprobe aus der Kühlung.
Die Reihenfolge
Sie richtet sich nach Geschmacksintensität und Alkoholgehalt. Man arbeitet sich von den leichten zu den schweren Sorten hoch.
Zum Neutralisieren dazwischen
Zu empfehlen ist Weißbrot. Speisen mit Eigengeschmack wie etwa Salzbrezeln, Butter oder Käse vermeiden. Deren Fetthaltigkeit und Geschmack übertönen das Bier. Geschmacksneutrales Wasser – und zwar in großen Mengen – ist am besten.
Kriterien der Verkostung
Aussehen, Aroma (Geruch), Geschmack, Vollmundigkeit, Mundgefühl, Balance, Nachtrunk – alles, was einen prägnanten Eindruck hinterlässt, wird notiert und zusammengefasst. So kommt man zu einem dezidierten Gesamteindruck. Dabei gestaltet sich das Verkosten wie ein Ritual, nach folgender Vorgehensweise:
1. Schauen
Beim Essen und Trinken genießt das Auge mit. Klarheit, Farbe und Schaum sind die Aspekte, die für das Aussehen des Bieres eine Rolle spielen.
2. Riechen

Rund 80 % des sensorischen Eindrucks wird über den Geruchssinn wahrgenommen. Ein anregendes Aroma (Geruch) ist ungemein genusssteigernd und wesentliches Merkmal eines guten Bieres. Vorsichtiges Schwenken setzt Aromastoffe frei: Schnuppern Sie lange und genau hin, bevor Sie trinken. Denn hat man erstmal einen Schluck genommen, verliert die Wahrnehmung über die Nase an Intensität.
3. Trinken
Eine Verkostung ist kein Oktoberfest! Wer verkostet, darf sich das Bier auf der Zunge zergehen lassen und zwar in kleinen genüsslichen Schlucken. Die Balance von Bittere und Süße spielt bei vielen deutschen Sorten die Hauptrolle. Bei obergärigen Bieren wie Weizen kommt zudem eine dezente Säure ins Spiel. Die Balance sowie die Entwicklung von Antrunk, Haupttrunk und Nachtrunk sind entscheidende sensorische Merkmale.
4. Schlucken

Um ein Bier sensorisch zu erfassen, muss der Nachtrunk aufgespürt werden. «Wie klingt das Bier aus?» ist eine entscheidende Frage. Deshalb spucken Biertester nicht, sie schlucken. Will man also den Sinn einer Verkostung wahren, sollte man es mit der Zahl und Menge der Proben nicht übertreiben: Denn Alkohol beeinträchtigt die Sinne!
Text: Sylvia Kopp