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Braumeister Frank Rothenbach über die fränkische Bierkultur

Seit Jahrhunderten wird in der fränkischen Schweiz die handwerkliche Braukunst gepflegt. In der 1400-Seelen-Gemeinde Aufseß findet man gleich vier alteingesessene Klein- und Kleinstbrauereien – und einen Weltrekord.
Brauereiwanderweg Aufseß
Brauereigasthof Rothenbach in Aufseß
© guidemedia

In Aufseß kommt somit eine Brauerei auf 350 Einwohner. Aus diesem Grund wird die Gemeinde im Landkreis Bayreuth seit 2001 als Ort mit der größten Brauereiendichte der Welt im Guinness-Buch der Rekorde geführt. Die Tradition der einzelnen Brauereien reicht häufig bis ins 19. Jahrhundert zurück.

Wer auf den Spuren der Geschichte des fränkischen Bieres wandeln will, verbringt einfach einen Tag auf dem Brauereienweg, der durch Aufseß und seine Außenorte führt: ein 14 Kilometer langer Rundwanderweg, der alle vier "Weltmeisterbrauereien" einschließt. Einer dieser Braugasthöfe ist seit über 100 Jahren im Besitz der Familie Rothenbach. Braumeister Frank Rothenbach ist als Leiter der Brauerei verantwortlich für das schmackhafte Aufsesser-Bier und gibt im Interview einen Einblick in die Geheimnisse der fränkischen Bierkultur.

Würden Sie Ihren Betrieb kurz vorstellen?

Wir sind ein Familienbetrieb. Den Gasthof gibt es seit 1825, die Brauerei seit 1886. Mein Bruder Ernst ist für den Brauereigasthof verantwortlich, ich bin zuständig für die Brauerei. Wir haben uns die Arbeit aufgeteilt, sind aber nach außen eine Einheit. In der Brauerei arbeiten insgesamt 10 Leute. Wir brauen 15000 Hektoliter Bier im Jahr, darunter ein Pils, ein Dunkles, ein Weizenbier, ein Festbier, ein Bockbier und ein naturtrübes Zwickl-Bier. Alle unsere Bier- und Limonadensorten werden schon immer in Bügelverschlussflaschen abgefüllt.

Wie setzen sich Ihre Kunden zusammen?

Unser Liefergebiet reicht etwa 40-50km um unseren Schornstein herum, das heißt wir fahren unser Bier mit den eigenen LKWs bis Bayreuth, Bamberg und Nürnberg. Dabei beliefern wir Privatkunden, Gastwirtschaften, Getränkemärkte und den Lebensmittelhandel.

Welche Spezialitäten findet man auf Ihrer Speisekarte?

Wir machen vor allem typische, „bierige“ Gerichte, zum Beispiel Schäufele, Schweinebraten in Biersauce oder unser Malztreberbrot. Viele Spezialitäten, die in der Regel immer mit dem Bier zusammenhängen. Es ist ein eigener Brauereigasthof, also muss mein Bruder nur über die Brücke laufen und sich bei mir in der Brauerei so viele Fässer abholen, wie er braucht. Die Kunden im Gasthof erwarten deftiges Essen und die eigenen Biere, viele Gerichte werden dann eben gleich mit dem Bier verfeinert.

Wie bringt man als Familienbetrieb Brauerei, Gastronomie und Beherbergung unter einen Hut?

Vor 25, 30 Jahren war das alles noch kleiner. Alles war in Besitz von unserem Vater, Friedrich Rothenbach. Er war hauptsächlich für die Brauerei da, während seine Frau Anneliese vor allem in der Gastwirtschaft engagiert war. Es war ein Unternehmen in kleinerem Maßstab, heute ist alles ein wenig umfangreicher geworden. Im Gasthof sind nun 40 Betten dabei, auch die Brauerei ist ein bisschen gewachsen in den letzten 25 Jahren. Von daher ist es gut, dass jeder seine Aufgaben hat, denn damit ist meistens schon genug zu tun.

Ist das Bier aus Aufseß nach dem Eintrag ins Guinness-Buch 2001 beliebter geworden?

Die Idee entstand im Jahr 2000. Unser Bürgermeister beantragte damals die Aufnahme, und es hat sich in den letzten 10 Jahren sehr gut entwickelt. Der Brauereienweg verbindet die vier Weltmeisterbrauereien, insbesondere an den Wochenenden sind sehr viele Leute unterwegs, die den Weg abwandern und in den einzelnen Wirtschaften einkehren. Beim Einkehren bekommt man einen Stempel. Hat man am Ende alle vier Stempel gesammelt, bekommt man ein Diplom als Ehrenbiertrinker der fränkischen Schweiz. Der Weg hat uns und den drei anderen Brauereien vom Bekanntheitsgrad her sehr geholfen. Wir mussten anfangs selbst schmunzeln und wussten nicht so ganz, ob das Erfolg haben könnte. Aber schon nach 3, 4 Jahren stellte sich heraus, dass es eine wirklich gute Sache ist. Viele wandern den Weg auch mehrmals ab. Gerade für die Kurzurlauber aus dem Großraum Franken, die mal für einen Tag oder ein Wochenende einen Wanderausflug suchen, ist das eine ideale Veranstaltung. Wer sich mehr auf das Wandern als auf das Bier trinken konzentrieren will, kann sich die Strecken auch einteilen. Viele kommen aber vor allem wegen den Wirtschaften, wo sie ihren Spaß haben wollen.

Autobahnschild
Autobahnschild
© Bierland Oberfranken

Laut Statistik wird in Deutschland immer weniger Bier getrunken. Macht sich das auch in der fränkischen Schweiz bemerkbar?

Einerseits bemerken wir schon, dass der Bierkonsum zurückgeht. Die Leute müssen Auto fahren und auch das Gesundheitsbewusstsein steigt, es wird nicht mehr so viel Bier an Ort und Stelle verkostet wie es vor 10, 20 Jahren der Fall war. Aber auf der anderen Seite ist auch spürbar, dass die Kunden mehr und mehr von den großen Industriebrauereien weg gehen, zurück zu den fränkischen Landbrauereien. Das hilft uns darüber hinweg, dass der pro-Kopf-Verbrauch schon seit vielen Jahren rückläufig ist.

Die großen Brauereien bringen immer mehr Biermischgetränke auf den Markt. Wird es aus Ihrer Brauerei auch ein Mischgetränk geben?

Wir machen zum Beispiel neben einem Radler auch unser „Kirsch-Seidla“, welches auch unsere jüngeren Kunden ansprechen soll. Wir konzentrieren uns nicht nur auf die Altersgruppe über 30 Jahren. Die jungen Leute sollen auch einmal zum Bier hingeführt werden, wofür sich ein Mischgetränk gut eignet. Es gibt sehr viele fränkische Brauereien, die da ein bisschen konservativer sind und sich dagegen sträuben, wir haben einen anderen Weg eingeschlagen. Sicher kann es sein, dass die Zielgruppe später das reine, „konservative“ Bier bevorzugt, aber unser Mischgetränk mit Cola-Kirschgeschmack wird gut angenommen.

Wie wurde bei Ihnen der Tag des Bieres am 23. April gefeiert?

In Aufseß ist der Tag nicht groß gefeiert worden. Das hat den Grund, dass der Tag von den Großbrauereien derartig beworben und überschwemmt wird, dass wir den Termin am 23. April nicht so bevorzugen. Wir nehmen lieber andere Anlässe wie unsere Kirchweih, die mehr auf uns zugeschnitten sind.

Was hat das traditionelle Handwerk der industriellen Bierherstellung voraus?

Das sind zwei ganz unterschiedliche Geschichten: Auf der einen Seite hat man einen großen Industriebetrieb, wo alles auf Menge ausgerichtet ist, auf der anderen Seite steht die Handwerksbrauerei, wie die meisten kleinen fränkischen Brauereien, wo es auch noch eine Geschichte außen herum gibt. Es geht nicht nur um den reinen Geschmack des Bieres, sondern darum, dass das ganze Paket stimmt.

Wie würden Sie die fränkische Bierkultur beschreiben?

Fränkische Bierkultur heißt für mich, dass es einen Großteil der 5000 Biersorten in Deutschland hier in Franken gibt. Von den 1200 bis 1300 Brauereien in Deutschland gibt es allein 320 in Franken. In keinem anderen Land gibt es eine Brauereiendichte wie bei uns. Man hat eine sehr große Auswahl und kann das Bier auswählen, dass einem von Geschmack und Geschichte her am besten entspricht. Ich würde schon sagen, dass in Gebieten mit vielen Brauereien grundsätzlich eine hohe Bierkultur vorherrscht. Es gibt auch viele Brauerei-Museen, zum Beispiel in Bayreuth oder Bamberg. Gerade in Bamberg gibt es eine hohe Brauereienkultur.

Warum ist das fränkische Bier das beste Bier der Welt?

Das ist einfach so (lacht)! Ich würde es mal so formulieren: Die Handwerksbetriebe haben heute schwer an Wertigkeit verloren. Es geht nur noch um riesige Zahlen, Milliardenumsätze, Werbebudgets und Aktienpakete. Wenn man ein Produkt sieht, das handwerklich hergestellt wurde, verdient das grundsätzlich seine Anerkennung.

Vielen Dank für das Interview!

Weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten der Brauerei Rothenbach und des Brauereigasthofs Rothenbach, die Homepage zum Brauereienweg stellt die anderen Brauereien aus Aufseß vor.

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