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"Mut zum Charakter-Bier!"

Michael Weiß ist Vizepräsident des Deutschen Brauerbundes, Mitglied der Vereinigung „Die Freien Brauer“ und Chef der Allgäuer Brauerei „Meckatzer“. Im Gespräch mit essen-und-trinken.de beschreibt Weiß die Situation der Brauer hierzulande und wagt einen Ausblick auf die Zukunft des deutschen Bieres.
Bier
Brauerei-Chef Michael Weiß.
© privat

Am 23. April ist Tag des Bieres – wie ist es denn ums deutsche Bier bestellt?

Weiß: Deutschland ist nach wie vor eines der größten Bierländer der Welt – auch wenn uns China und die USA überholt haben. Wir haben hier eine fantastische Vielfalt mit 1284 Brauereien und über 5000 verschiedenen Bieren. Allerdings kämpfen auch wir mit dem sinkenden Pro-Kopf-Konsum. Umso mehr müssen wir deutschen Brauer uns auf die Genuss-Kultur und die Qualität unserer Produkte besinnen. Leider werden sich viele Biere, vor allem die so mancher Großkonzerne, geschmacklich immer ähnlicher. Das ist für die Attraktivität nicht gut – aus diesem Mainstream müssen wir ausbrechen.

Beim World Beer Cup in Chicago wurden 90 verschiedene Biersorten und –stile verkostet. So viel Abwechslung ist hier nicht zu finden. Sind unsere Brauer nicht kreativ genug?

Weiß: Das deutsche Reinheitsgebot als älteste lebensmittelrechtliche Vorschrift der Welt garantiert weltweit hohes Vertrauen in die Qualität deutscher Biere – wirklich exotische Biere wie z.B. in Belgien können wir nicht brauen, das macht aber auch nichts. Das riesige Spektrum, das Hopfen-, Malzsorten und Hefen bieten, muss nur besser genutzt werden. Zum Teil fehlt in Deutschland vielleicht der Mut, charaktervollere Biere zu brauen.

Wo geht denn der Trend in Deutschland hin? Kommen noch mehr Mischgetränke oder bleibt es bei den Klassikern?

Weiß: Für uns Meckatzer gilt: Die ganze Mix-Arie wird es bei uns nicht geben! Die Entwicklung zu immer exotischeren Biermischgetränken hat mir als Brauer wehgetan. Meiner Ansicht nach war das für manchen Kollegen eher die Flucht nach vorne, um dem Trend des rückläufigen Pro-Kopf-Konsums etwas entgegenzusetzen. Ich plädiere ganz entschieden dafür, das Hauptaugenmerk verstärkt auf den Klassiker, das handwerklich gebraute Bier, zu legen.

Können denn die kleinen Brauereien, die die Braukultur pflegen und erhalten, bei den aktuellen Entwicklungen auf dem Biermarkt überhaupt mithalten?

Weiß: Regionalität und Qualität ist ein gesellschaftlicher Trend, vielleicht so eine Art Gegenbewegung zur Globalisierung. Allerdings muss diese Qualität auch glaubwürdig sein. Die Verbraucher werden immer wacher und lassen sich nicht von Werbestrategien bluffen. Das alles kommt den Mittelständlern entgegen, sie müssen aber ihre Chance zur Profilierung auch nutzen. Wir brauchen eine „Kultivierungsoffensive“, wie sie uns die deutschen Weinbauern vorgemacht haben. Zum Überleben gilt: Ich muss mein Produkt noch besser machen - und auch besser vermarkten.

Qualität heißt Genuss. Welchen genussvollen Bier-Tipp geben Sie uns für den Sommer?

Weiß: Mein Tipp ist: Lieber weniger, dafür besser trinken. Ich empfehle, mehrere Biere in kleinen Mengen von 0,1 oder 0,2 Litern zu verkosten. Die Biere am besten stilvoll kredenzen und die Vielfalt genießen, denn zum Thema (Bier-)Kultur gehört die Vielfalt!

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