Nachhaltigkeit: Eine Definition
Nachhaltigkeit hat sich in den letzten Jahren zum Trendbegriff entwickelt. Da sie in zum Teil sehr unterschiedlichen Themengebieten als Handlungsprinzip gefordert und angestrebt wird, ist eine klare umfassende Definition von Nachhaltigkeit schwer zu bewerkstelligen. Allgemeiner Konsens ist jedoch, dass Nachhaltigkeit für einen schonenden Umgang mit Ressourcen aller Art steht, der die Regenerationsfähigkeit und Stabilität des betroffenen Systems langfristig sichert. Als Synonym für Nachhaltigkeit wird häufig Zukunftsfähigkeit bemüht. In Bezug auf Lebensmittel - insbesondere auf Fleisch - umschließt Nachhaltigkeit eine ganze Reihe an Faktoren: Von den Anbaubedingungen der Futtermittel über den Umwelt- und Artenschutz in der Warenkette bis zur Verarbeitung durch Produzenten oder Endverbraucher.
Fleisch kaufen unter ökologischen Aspekten
Wer die Ökobilanz von Fleisch nachvollziehen und vergleichen möchte, muss im Schwerpunkt die CO2-Ausstöße nachvollziehen, die durch den Transport von Futtermitteln und durch den Transport der Tiere verursacht wurden. Günstige Futtermittel stammen häufig aus großen Soja-Monokulturen in Lateinamerika und werden in Mastbetriebe in der ganzen Welt transportiert. Die Wege von den Mastbetrieben zu den Schlachthöfen wiederum können mehrere hundert Kilometer betragen. Verbände wie Neuland oder die verschiedenen Bio-Verbände haben aus diesem Grund verschieden strenge, verpflichtende Richtlinien für ihre Mitglieder eingeführt, die ein bestimmtes Maß an Regionalität zugunsten der Ökobilanz sichern sollen.
Ist Bio Fleisch besser?
Bei Bio Fleisch mit EU-Bio-Siegel dürfen bis zu 50 Prozent der Futtermittel aus ökologischer Erzeugung zugekauft werden - auch Importware. In den Richtlinien der Ökoverbände ist dies ebenfalls erlaubt, jedoch nicht aus so genannten Dritte-Welt-Ländern. Außerdem müssen hier mindestens 50 Prozent der Futtermittel aus eigenem Anbau stammen. Biopark und Naturland verbieten darüber hinaus den Einsatz von Soja als Futtermittel. Der Verband
Lebensmittelsiegel
Das EU-Bio-Siegel
Seit Juli 2010 sind in Europa vorverpackte Biowaren mit einem einheitlichen Bio-Siegel gekennzeichnet: Das grüne EU-Bio-Siegel garantiert, dass mind. 95% der Inhaltsstoffe aus biologisch kontrolliertem Anbau stammen und die Erzeugnisse mit den offiziellen Kontrollprogramm hundertprozentig konform sind.
Naturland Logo
Öko-Lebensmittel, Textilien, Kosmetika und Holzprodukte, die das Naturland Siegel tragen, unterliegen strengeren Richtlinien als in der EU-Öko-Verordnung fest geschrieben sind. Ökologische Aquakultur, ökologische Waldnutzung, Sozialrichtlinien und eine Fair Trade Zertifizierung werden bei der Vergabe des Siegels berücksichtigt.
Das deutsche Bio-Siegel
Seit 2001 kennzeichnet das staatliche Biosiegel Produkte aus kontrolliert ökologischer Herstellung und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, denen die EG-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau zugrunde liegen.
Demeter
Das Demeter-Siegel gehört zum ältesten Öko-Anbauverband (seit 1928) und kennzeichnet Lebensmittel, die nach den Richtlinien der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise entstanden. Ihr zugrunde liegt ein ganzheitlicher antroposophischer Ansatz, der die Landwirtschaft als eigenständigen Organismus versteht und strengeren Richtlinien als der EU-Bio-Verordnung unterliegt.
Bioland
Bioland ist der Pionier der organisch-biologischen Landwirtschaft und einer der größten ökologischen Anbauverbände Deutschlands. Die Richtlinien der nachhaltigen Wirtschaftsweise unterliegen strengeren Auflagen als die der EU-Öko-Verordnung: Zum Beispiel lässt Bioland weniger Zusatzstoffe als die EU-Öko-Verordnung zu.
BIOPARK
1991 gründete sich in Mecklenburg-Vorpommern der BIOPARK-Anbauverband, dem sich inzwischen bundesweit mehr als 700 Betriebe angeschlossen haben. Die Bewahrung von Umwelt und natürlicher Ressourcen, artgerechte Tierhaltung und soziales Engagement sind wichtige Punkte der BIOPARK-Standards.
neuform
Rohstoffe, Verarbeitung, Produktsicherheit und Verantwortung: Vier Qualitätsmerkmale für neuform-Produkte. Der Verzicht auf Tierversuche und synthetisch-chemische Zusätze, eine artgerechte Tierhaltung und eine umweltschonende Herstellung sowie das Verbot von Gentechnik und die Reduzierung der Zusatzstoffe zeichen Produkte, die das neuform-Logo aus.
NEULAND
Fleisch mit dem NEULAND-Siegel garantiert eine artgerechte, umweltschonende Tierhaltung. Gefüttert werden die NEULAND-Tiere nur mit heimischen Futter, tierisches Futtermittel wie Fisch- oder Tiermehl und gentechnisch bearbeitete Produkte sind tabu.
Artgerechte Tierhaltung
Je besser die Haltungsbedingungen, desto weniger anfällig sind Tiere für Verletzungen und Krankheiten. In der konventionellen Mast gibt es bei Rindern keine Vorschriften zum Platz im Stall, Auslauf ist nicht vorgeschrieben. Bei den Bio-Verbänden und Neuland sind sowohl die Platzverhältnisse im Stall als auch eine Weidehaltung in den Sommermonaten verbindlich geregelt. Mastschweinen in konventionellen Betrieben steht im Vergleich zur Bio-Aufzucht weniger Platz zu und ein Auslauf ist nicht vorgeschrieben. Während es in der konventionellen Mast keine Richtlinien zu unkomfortablen Spaltenböden gibt, müssen beim EU-Bio-Siegel mindestens 50 Prozent der Fläche mit natürlicher Einstreu bedeckt sein. Bei den Bio-Verbänden darf nur weniger als die Hälfte der Fläche aus Spaltenböden bestehen, Strohhaltung ist vorgeschrieben. Bei Neuland sind Spaltenböden komplett verboten und Strohhaltung vorgeschrieben. Im Bio-Bereich und bei Neuland sind außerdem schmerzhafte Eingriffe, die zum Ziel haben, Verletzungsgefahren bei den Tieren während der Aufzucht zu verringern, verboten.
Nachhaltig Geflügel kaufen
Bei Geflügel sind die Unterschiede zwischen den Haltungsformen zum Teil besonders groß, was sich auch im Preis widerspiegelt. Je mehr Platz und Zeit den Tieren bei der Mast zur Verfügung steht, desto teurer wird das Endprodukt. Die erheblich längere Mastdauer von Bio- und Neuland-Geflügel erlaubt den Hühnern einen Muskelaufbau proportional zum Knochenaufbau und wirkt damit vorbeugend gegen Gelenkschäden. Dies ist nicht nur gut für das Tier, sondern wirkt sich auch direkt auf die Fleischqualität aus. Im Vergleich zur Konventionellen Aufzucht, bei der Boden- und Käfighaltung erlaubt sind, müssen bei der Haltung mit EU-Siegel bestimmte Flächen von fester Beschaffenheit und mit Streumaterial bedeckt sein. Bei den Bio-Verbänden ist des weiteren Auslauf vorgeschrieben. Auch bei Geflügel verbietet Neuland Spaltenböden komplett und die Tiere haben bei Schlechtwetter die Möglichkeit, Auslauf zu bekommen. Wem das Geflügelfleisch aus ökologischer Tierhaltung besser schmeckt, der wird deshalb vielleicht seltener Geflügel essen, dafür aber zu ökologisch hergestellten Produkten greifen.
Auch bei Geflügel empfiehlt es sich, aus Gründen der Nachhaltigkeit auf Saison und Region zu achten. Außerhalb der Saison können wir meist nur auf Importware zurückgreifen, deren Transport durch den hohen Kühlaufwand viel Energie in Anspruch nimmt. Während Hähnchenfleisch über das ganze Jahr gut verfügbar ist, haben Gänse und Puten vor allem im Winter und Enten vor allem im Sommer Saison. Eine gute Quelle für Saisongeflügel aus heimischer bäuerlicher Produktion sind Geflügelstände auf örtlichen Wochenmärkten: Hier kann das Verkaufspersonal in der Regel genaue Auskünfte darüber geben, woher die angebotene Ware kommt.
Nachhaltig kochen mit Innereien: "Nose to tail"
Die Produktion von Fleisch verbraucht durch den erforderlichen Anbau von Futtermitteln wesentlich mehr natürliche Ressourcen als die Produktion pflanzlicher Lebensmittel. Aus diesem Grund gehört nicht nur ein sparsamer Fleischkonsum zur nachhaltigen Ernährung, sondern auch die Nutzung möglichst vieler Teilstücke des Tieres. Probieren lohnt sich: Gerade unter Gourmetköchen erfreuen sich Innereien, Blut oder Teile des Kopfes großer Beliebtheit. Der englische Gourmetkoch Fergus Henderson prägte den Begriff der "Nose to tail"-Küche, also der Verwertung des Tieres "von der Nase bis zum Schwanz".
Artenschutz durch Fleischkonsum?
Es klingt paradox, doch in manchen Fällen trägt das Essen von Fleisch zum Artenschutz bei. Manche Schweine-, Rinder- und Geflügelrassen wären bereits ausgestorben, wenn sie nicht von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben gehalten und geschlachtet würden. Gerade bei Schweinen und Rindern sind in der Industrie in erster Linie "Hochleistungsrassen" gefragt, die mit möglichst geringem Aufwand schnell wachsen und mageres Fleisch ansetzen. Die Aufzucht von alten Rassen wie dem Limpurger Weideochsen oder bestimmten Wollschweinen erfordert hingegen viel Aufwand und Fläche, häufig sind die Rassen freilaufend und werden bis zu Jahre später geschlachtet als in der Industrie. Der Lohn für den Idealismus der Landwirte ist ein Gourmet Fleisch von außerordentlicher Qualität.
Der Fleischer des Vertrauens
Nachhaltiger Fleischkonsum bedeutet im Großen und Ganzen, die Produkte auf die genannten Aspekte von Tierhaltung und Fleischproduktion zu prüfen und jene Landwirte und Verarbeitungsbetriebe zu unterstützen, die alle entsprechenden Fragen beantworten können. Traditionelle Wochenmärkte und Lebensmittelhandwerksbetriebe erfreuen sich nicht umsonst steigender Beliebtheit.
Sie punkten mit Regionalität, persönlichem Service und sind dazu transparent, wenn sie genaue Auskunft über Herkunft und Aufzucht jedes Tieres geben können. Der berühmte „Fleischer des Vertrauens“ mit Produkten aus eigener Schlachtung kann sowohl auf Kundenwünsche eingehen als auch Zubereitungstipps geben, verkauft bei Bedarf unübliche Teile wie Innereien oder Blut und lässt das Fleisch auf Wunsch gerne etwas länger trocken abhängen, falls er dies nicht ohnehin schon tut.
Fleischqualität ist nicht zwingend anhand eines Siegels erkennbar, aber an der Kasse: Gute Qualität hat in aller Regel ihren Preis.