
Eines vorneweg: Der Mann auf dem Titelbild von "Die neue regionale Küche" ist nicht sein Autor Thomas Ruhl. Dass die Rückbesinnung auf regionale Produkte und Spezialitäten auch in der Haute Cuisine angekommen ist, wissen wir spätestens seit René Redzepi. Alle prominenten Vertreter dieser Bewegung, die in ihrer radikalsten Form auch auf importierte Produkte verzichtet, würdigen lokale Produkte und integrieren diese in den Kochalltag. Auf diese Weise formulieren die Köche auch eine politische Botschaft, denn sie wehren sich gegen eine fortschreitende Globalisierung im Sinne einer Gleichmachung und sprechen für die Schönheit des Individuellen. Thomas Ruhl, stellenweise als der "beste Food-Fotograf der Welt" betitelt, zeigt in seinem Buch "Die neue regionale Küche", wie dieser Trend mittlerweile auch in deutsche Spitzenküchen Einzug gehalten hat. Er hat 16 Spitzenköche besucht und ihnen als die deutschen Protagonisten dieser Bewegung nicht nur in, sondern auch hinter die Kochtöpfe geschaut.
So bekommen wir in "Die neue regionale Küche" Gerichte mit Geschichte. Jedes der 50 Rezepte verwendet mindestens ein regionales Produkt, dessen Herkunft Thomas Ruhl in reportageähnlichen Berichten beschreibt. Er besucht beispielsweise das Müritzlamm in Niedersachsen, den Hobbyimker Daniel Fehrenbacher oder er erzählt die Geschichte vom Tauberhasen. Eindringlich werden die Berichte vor allem durch Thomas Ruhls Fotos: Die enge Beziehung zwischen Produkt und Produzent ist oft so eindringlich dargestellt, dass ein Rezept auf der nächsten Seite beinahe herzlos wirkt.
Zum Nachkochen allerdings lädt dieses Buch eher bedingt ein. Wer genau liest und konzentriert wie ein Spitzenkoch arbeitet, dem sind wohl kulinarische Hochgenüsse sicher. Alle anderen erwartet in jedem Fall ein umfassender Einblick in die Küchenphilosophie der jeweiligen Spitzenköche, eine Anregung für Reisen durch das kulinarische Deutschland und die Antwort, wer denn nun für den Titel Modell stand: Simon Dörr und seine Rhönschafe.
"Die neue regionale Küche" ist im Matthaes Verlag erschienen und kostet 59,90 Euro.