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Unterwegs in Florenz

Bei Crostini und Wildragout entdeckte unser römischer Koch Michele Wolken die Essenz der toskanischen Küche. Sein Urteil: ganz große Oper. Ein paar Spitzen auf seine Heimatstadt konnte er sich dabei allerdings nicht verkneifen.

Von Qualitätsprodukten und frischer Schauspielkunst

Gastronom Fabio Picchi gibt Essen eine Bühne. Sein Ristorante heißt wie Caterina de'Medicis Lieblingsgericht: "Cibrèo"
Gastronom Fabio Picchi gibt Essen eine Bühne. Sein Ristorante heißt wie Caterina de'Medicis Lieblingsgericht: "Cibrèo"
© Christian Kerber

Ein Café, eine Trattoria, das Ristorante und das Teatro. Vier verschiedene Gastro-Konzepte, hinter jedem steht Fabio Picchi. Der illustre Großgastronom bespielt an der Via Andrea del Verrocchio mit seiner kulinarischen Versessenheit ein ganzes Viertel. Seit Jahrzehnten pflegt die Familie gute Kontakte zu lokalen Fischern und Bauern, zu Käsern, Metzgern, Ölmüllern. Nach und nach wuchs ein Netzwerk von Qualitätsproduzenten: apulische Pasta, sizilianische Zitronen, San-Miniato-Trüffeln - Picchi kam dran. Jahresrhythmus und Wetter geben vor, was am Herd passiert, der Küchenchef lässt seine Fantasie spielen, und die bessere Florentiner Gesellschaft wählt zum stabilen Festpreis zwischen je vier Vorspeisen, Hauptgängen und Desserts. In der Trattoria, wo sich die Jüngeren treffen, isst man etwas legerer (und günstiger, aber nicht schlechter). Im Teatro wird derweil frische Schauspielkunst serviert: zu einem Catering von Picchis Gnaden führen junge unbekannte Florentiner dort ihre Stücke auf.

Ästhetischer Hochgenuss im Ristorante Ora d'Aria

Sterne-Koch Marco Stabiles beglückt seine Gäste mit Acqua cotta und Schoko-Soufflé
Sterne-Koch Marco Stabiles beglückt seine Gäste mit Acqua cotta und Schoko-Soufflé
© Christian Kerber

Marco Stabile macht, was heute fast jeder Koch macht: Er interpretiert Traditionelles neu. Aber der 41-Jährige modernisiert die Lieblinge der Toskana-Küche so sensibel und klug, dass der Michelin längst seinen Stern über dem 40-Plätze-Altstadtlokal aufgehen ließ: Bacalao mit Schwarzkohl, Seeteufel-Salsiccia, Tomaten-Brot-Salat mit Kaninchen, Jakobsmuscheln mit Karottencreme und Kaviar: Das ist ästhetischer Hochgenuss, Gaumenkunst - und längst nicht alles. Neben dem toskanischen bietet Stabile stets ein Fischmenü an. Zum Nachtisch wartet eine sorgfältige Auswahl feinsten toskanischen Käses. Neben dem obligatorischen Wein-Best-Of ist im Ora d’Aria auch Craft-Bier im Ausschank. Und wer mittags zum Degustationsmenü kommt, weil ihm der Sinn steht nach pochiertem Ei mit Artischocke und Trüffel, Dinkel-Risotto und Schoko-Soufflé, tut nicht nur sich selbst was Gutes: Die Karte ist Bambini-tauglich illustriert - für alle, die nicht lesen, aber sehr wohl schmecken können - und pro Gericht gehen drei Euro an eine Kinderklinik.

Traditionelle Hausmannskost in der Trattoria Da Burda

Brüder im Geiste: "Da Burde"-Koch Paolo (r.) und »e&t«-Koch Michele (l.) schätzen gute Hausmannskost
Brüder im Geiste: "Da Burde"-Koch Paolo (r.) und »e&t«-Koch Michele (l.) schätzen gute Hausmannskost
© Christian Kerber

Wie der Sommer war, kann man bei Paolo und Andrea Gori an der Speisekarte ablesen. Steht im Herbst Hirsesuppe mit Steinpilzen darauf, war er gut. Pilzfreundlich. Die Gori-Brüder wussten so etwas früh, der Großvater war Bauer, die Oma (Nonna Irene) verarbeitete in der Küche, was der Boden hergab, und die Eltern führten die Tradition fort. Hirse war in den 50ern in der Toskana ziemlich populär, und sehr gute traditionell toskanische Hausmannkost steht in Florenz noch immer hoch im Kurs. Dafür fährt man auch mal an den Stadtrand. Und die Brüder haben’s raus. Paolo kocht (Pasta mit Fagioli-Bohnen, Lauchtorte, Bistecca fiorentina...), viele Rezept stammen noch von Nonna Irene. Andrea, der sich als Wein-Blogger einen Namen machte, kümmert sich um die Getränke. Und wer ein bisschen italienisch versteht, wird auch noch gut unterhalten: Unter den Stammgästen (im hinteren Teil des verwinkelten Lokals) ist immer mal einer gut für einen flotten Witz - wir sind ja schließlich nicht in Rom.

Weingut I Veroni

Lorenzo Mariani und »e&t«-Koch Michele Wolken auf dem Weingut I Veroni
Lorenzo Mariani und »e&t«-Koch Michele Wolken auf dem Weingut I Veroni
© Christian Kerber

Gerade mal zehn Kilometer vor Florenz liegt das Weingut I Veroni. Die Weine, die Besitzer Lorenzo Mariani mit seinem Önologen Emilio Monechi erzeugt, sind einen Abstecher wert und der Aufenthalt im Agriturismo in den Hügeln des Chianti Rufina sowieso. Weinberge und Architektur des zum Teil aus dem Mittelalter stammenden Guts wurden Ende der 90er Jahre modernisiert. Die acht Appartements sind mit offenem Kamin ausgerüstet.

Bestes italienisches Eis

Unterwegs in Florenz
© Christian Kerber

An den Stücken kann man’s sehen: Bei Carapina ist noch Frucht im Eis. Simone Bonini verarbeitet in seiner schicken Mini-Diele in der Altstadt in erster Linie saisonales Frischobst: Die Klassiker natürlich. Dazu Vanille, Schokolade. Melone, Ananas. Aber auch Novitäten wie Erdbeer-Traube - ein Traum in Bordeauxrot. Feige - satt grün. Milch und Sahne mit frischer Minze. Auch Vin Santo ist im Einsatz (im geheimen Cremebündnis mit Eiern, Zucker, Milch und Sahne). Natürlich kommt das Eis ohne Wasserkristalle und überhöhten Lufteinschlag aus. "La Repubblica" zählte Carapina jüngst zu den 15 besten Eisdielen der Welt. Zweimal in Florenz.

Mercato Centrale di Firenze

Alles unter einem Hut: Feinsten Käse erhält man im Mercato Centrale auch aus der Lombardei und dem Piemont
Alles unter einem Hut: Feinsten Käse erhält man im Mercato Centrale auch aus der Lombardei und dem Piemont
© Christian Kerber

Die Markthalle war fast am Ende. Die Händler blieben weg und damit die Kunden. Aber Matteo Renzi, damals noch Bürgermeister von Florenz, hatte die rettende Idee: Die zentrale Markthalle wurde zweigeteilt. Unten einkaufen, oben schlemmen „von 10 bis 10“. Seither ist „la dolce vita“ in Florenz wieder unter Dach und Fach: preisgekrönte Tramezzini, handgezogener Büffelmozzarella. Pizza-Welten, Pasta-Gurus, Weinschule. Und im Kochinstitut „Lorenzo de’Medici“ zeigen Carla und Fabrizio Guarducci, wie es schmeckt, wenn man weiß, wie es geht.

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