
Bereits der erste Blick auf das Cover und die Fotografie im Heft zeigt den Unterschied zwischen schluck und den etablierten Weinmagazinen: manchmal leicht chaotisch, aber immer ganz nah am Protagonisten. Wer sich dabei an Instagram erinnert fühlt, hat nicht nur Recht, sondern ist vermutlich auch Teil der Zielgruppe. Das Layout lebt von klaren Linien und harten Kanten, passend zum Stil der Texte. Hipness und eine gewisse Rohheit treten an Stelle der gezwungenen Eleganz, die das Genussmittel Wein noch viel zu häufig umweht. Dabei wird schon bei der Textlänge und der Auswahl der Autoren klar, dass gestandene Fachleute mit großer Leidenschaft für ihr Thema am Werk sind.
Mit Chefredakteur Manfred Klimek und dem britischen Riesling-Versteher Stuart Pigott zählen zwei der bekanntesten deutschsprachigen Weinschreiber zum Autorenkreis. Versierte Blogger wie Nico Medenbach (Drunken Monday) oder Felix Bodmann (Schnutentunker) kommen ebenso zu Wort wie der Weinhändler Gerd Rindchen oder der Gastronom Steve Breitzke aus dem Wiener Loft. Mit Nina Anika Klotz und Torsten Goffin lässt schluck sogar zwei Autoren aus der Craft Beer-Riege ins Heft.

Auf diese Weise ergibt sich eine bemerkenswerte thematische Offenheit: Der Text von Weinhändler Rindchen über die beobachtete Diskrepanz zwischen den Vorlieben der Weintrinker und der Weinkritiker ist ebenso erhellend wie der Besuch bei den Köchen des Nürnberger Restaurant "Essigbrätlein", die sich mit ihrem Ansatz, nach Farben zu kochen, zwei Michelin-Sterne erarbeitet haben. Wein soll als Bindemittel zwischen verschiedenen Richtungen der Kultur angesehen werden. So erfahren Leserin und Leser auch Wissenswertes über die Architektur der Kellerei Tramin oder die Musikvorlieben in Sommelier- und Winzerkreisen.
Drehen sich die Text um Wein, findet man vor allem besondere Spielarten: Winzer Peter-Jakob Kühn berichtet von seinem Umstieg auf biodynamischen Weinbau, Julia Klüber beleuchtet das Trend-Thema Pétillant Naturel, Manfred Klimek besucht das Champagner-Haus Gosset und Jürgen Schmücking nahm sich den georgischen Amphorenweinen an. Und weil am Ende jeder guten Party sowieso durcheinander getrunken wird, gibt es noch einen Crashkurs zum Thema Craft Beer, eine Audienz beim Bier-Shootingstar Mikkel Borg Bjergsø und eine Reise an die makedonische Weinstraße auf der Suche nach dem "griechischen Grappa" Tsípouro.

schluck setzt kaum Vorwissen, sondern vor allem Interesse am Wein voraus, stößt aber auch Kenner auf neue Facetten. Der anstößige Stil setzt eine spannende Note, auch wenn er bei Luxus-getriebenen Themen wie Champagner eher bemüht wirkt. Ein Weinmagazin für Profis, die alles zu kennen meinen und Einsteiger, die gerne Wein trinken, aber mit Prätentiösität nichts anfangen können.
schluck kostet 9,50 Euro und kann über schluck-magazin.de bestellt werden.