
essen-und-trinken.de: Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden?
Luisa Weiss: Ich hatte ein großes Jahr hinter mir, hatte meine Verlobung abgebrochen, mich entschieden New York zu verlassen; es waren grad ganz viele große Sachen passiert. Ich war mit meiner Freundin, die auch meine Agentin ist, Mittagessen und wir haben darüber gesprochen, dass ich gerne wieder nach Berlin ziehen möchte, aber nicht so ganz sicher war, wie ich mein Leben dort gestalten würde. Ihr Vorschlag war: "Warum schreibst Du nicht ein Buch darüber? Warum nimmst Du nicht die ganzen Sachen, die Du in diesem Jahr gelernt hast und schreibst aus diesem Heimkommen eine Geschichte?" Letztlich hat es sich in Berlin ergeben, dass meine Geschichte einen schönen Kreis gebildet hat. (Louisa trifft in Berlin Max wieder, ihre große Liebe, die sie in Paris zurück liess, um nach New York zu ziehen. Inzwischen leben sie zusammen und haben einen Sohn. Anmerkung der Redaktion) Es war ein sehr großes Risiko für mich, nach Berlin zu gehen. In dem Jahr (2009) habe ich gemerkt, dass man nichts erreichen kann, wenn man nichts probiert - und mit diesem Gedanken im Kopf habe ich dann auch alles angefangen. Berlin, das Buch, alles Mögliche.
Deinen Blog The Wednesday Chef hast Du während dieser Zeit konstant weiter geführt?
Ja, mit meinem Blog hatte ich ja im August 2005 angefangen, 2009 hatte ich New York verlassen, und in den vier Jahren wurde der Blog so selbstverständlich in meinem Alltag wie ein Tagebuch. Ich konnte mir mein Leben ohne den Blog gar nicht mehr vorstellen – und das kann ich bis heute nicht. Der Blog ist Teil meines Lebens.
Eine sehr intensive Beschäftigung, oder? Kochen, Fotografieren, Schreiben nimmt ja auch viel Zeit in Anspruch?
Ja, es ist aufwendig, aber wenn man etwas macht, was man liebt, empfindet man das nicht mehr als Arbeit. So ist das hundertprozentig mit dem Blog. Die meiste Zeit ist das schön, lustig – es macht so einen Spaß. Es motiviert unglaublich.
Du hast in Berlin, Paris, New York gelebt und bist jetzt wieder in Berlin. Verändern sich Deine persönlichen kulinarischen Vorlieben mit den jeweiligen Städten? Kochst Du anders in Berlin als in New York?
Nee, eigentlich sind da meine eigenen kulinarischen Vorlieben, mein Geschmack ist ziemlich konstant. Klar, in Berlin koche ich mehr indisches und chinesisches Essen, da es einfach nicht ganz so selbstverständlich ist wie in New York, dass man raus geht und um die Ecke gleich total tolle Dumplings findet. Das hätte ich in New York nicht unbedingt gemacht. Ich koche überall ähnliche Sachen.
Vermisst Du in Berlin Lebensmittel die in New York selbstverständlich sind?
Berlin hat sich in den letzten drei Jahren so wahnsinnig verändert was Essen angeht, dass ich jetzt langsam nicht mehr ja sagen kann zu dieser Frage. Es gibt immer noch Sachen, zum Beispiel indisches Essen, das ist in Berlin eine absolute Katastrophe und ich vermisse ein bisschen die Vielfalt an Gemüse, die es in New York gibt. Wenn ich zu Whole Food in Boston gehe, gibt es beispielsweise fünf verschiedene Sorten Spinat oder zwanzig verschiedene Äpfel – diese Vielfalt fehlt mir. Aber Berlin ändert sich sehr und es gibt immer weniger Sachen, die mir fehlen.
Was ist für Dich typisch Berlin – in Bezug aufs Essen?
Was ich immer vermisst habe, wenn ich in den USA gelebt habe, ist einfach das Brot. Das ist einfach Kult. Deutschland ist da unübertroffen wenn es ums Brot geht oder überhaupt um Backkunst. Diese Backkultur ist einzigartig in Deutschland. Aber ich finde auch die ganzen Molkereiprodukte wahnsinnig lecker hier. Milch, Butter, Joghurt, Quark schmecken ganz anders als in den USA. Das hat hier soviel mehr Geschmack und Frische. Joghurt in den USA ist dagegen eine Katastrophe. Butter schmeckt auch nicht, es sei denn, man kauft super teure. Und Beeren. Diese ganzen einheimischen Beeren, Himbeeren, Erdbeeren, Johannisbeeren, das ist alles so lecker.
Wie unterscheidet sich das Leben in Berlin und New York sonst noch?
Ich finde es einfacher in Berlin einen schönen Alltag zu haben. Der Durchschnittstag in Berlin ist viel entspannter, viel ruhiger, viel menschlicher als in New York. Diese ganzen Klischees über New York als sprudelnde Stadt stimmen zwar wirklich, und das ist auch toll, wenn man in dieser Phase seines Lebens ist, ist New York unübertroffen. Aber auf Dauer, oder fürs Leben war es für mich persönlich irgendwann zu viel und ich finde es wunderschön, dass ich in Berlin ein Leben haben kann, wo ich wirklich jeden Tag die Rosen riechen darf. Es ist wirklich viel entspannter hier und trotzdem viel los. Was ich momentan mit Kind sehr schätze.
In Deinem Buch kochst Du während Deiner Zeit in Paris häufig den so genannten „Kriseneintopf“. Kochst Du diesen Eintopf noch oder gibt es andere Gerichte, die helfen, schlechtere Tage wieder gerade zu rücken?
Wenn ich wirklich nix auf die Reihe kriege, mache ich wirklich nur Tomatensauce mit Spaghetti – wie für viele andere auch, das Einzige, wenn ich gar nicht denken kann oder wenig Zeit habe. Lustigerweise mache ich den „Kriseneintopf“ schon seit längerer Zeit nicht mehr, obwohl man den natürlich immer machen kann, wenn man Bohnen und Tomaten hat, aber irgendwie hatte ich das Bedürfnis in den letzten Jahren nicht, den Eintopf zu kochen.
Was war für Dich dieses Jahr die köstlichste Entdeckung?
Darüber habe ich vor kurzem auch auf meinem Blog geschrieben, ich habe ein Rezept von einem New Yorker Koch, Jean-Georges Vongerichten, der ist eigentlich ein Elsasser, für „Butternut Squash“, also Butternusskürbis, den man im Ofen in kleinen Stücken ohne Haut ganz scharf anbrät und dann mit Zwiebeln, die mit Ahornsirup und Essig zusammen gekocht worden, vermischt. Das schmeckt einfach göttlich. Ich habe noch nie so leckeren Butternut-Kürbis probiert, das war für mich eine Erleuchtung. Seitdem ich das entdeckt habe, mache ich das jede Woche.
Wohin entwickelt sich die Foodszene? Welche Trends sind für Dich auszumachen?
Ich bin jetzt nicht so ein trendiger Mensch, ich achte da nicht so viel drauf, aber in Deutschland geht es immer weiter in die Richtung authentisch. Es soll gut schmecken, nicht nur gut aussehen. Man lernt inzwischen mehr die Unterschiede zwischen Thailand, Vietnam, China in der Küche kennen und packt das nicht mehr alles unter Asia Küche. Auch dass saisonale und regionale Speisen immer mehr Wichtgkeit haben, wächst ja. Das finde ich super.
Welche drei Lebensmittel hast Du immer im Kühlschrank?
Nicht unbedingt im Kühlschrank, aber ich habe immer Olivenöl, gehackte Tomaten und Salz.
Welche Utensilien sind in Deiner Küche unverzichtbar?
Eine Pfanne, eine Salatschleuder, mein Messer und mein Schneidebrett.
Wie häufig stehst Du selbst am Herd?
Jeden Tag.
Welches ist Dein Lieblingsrestaurant?
Hmm, ich habe ein paar! Aber die in New York sind vier Jahre alt, die sind nicht mehr so aktuell....In Berlin gehe ich momentan gerne ins To Beef or Not To Beef.
Was ist das kurioseste Gericht, das Du je gegessen hast?
Seeschnecken in Tomatensauce, die man mit einem Zahnstocher essen muss. So ganz kleine Seeschnecken, die sind so ein Zentimeter hoch. Die habe ich bei meinem Onkel in Italien zu Silvester gegessen.
Womit kommst Du morgens in die Gänge?
Mit einer Tasse Tee.
Welches Gericht kochst Du für Gäste?
Ich serviere gerne die Panade mit Mangold und Käse - die ist auch im Buch drin.
Was ist Dein absolutes Lieblingsgericht?
Tomatensalat.
...und was geht gar nicht?
Alles, was Dill enthält. Ich komm nicht drüber hinweg.
Hast Du ein Lieblingskochbuch?
Das ist schwierig zu sagen, aber eins, das ich wirklich sehr sehr häufig benutze ist The Essential New York Times Cookbook. Da sind die ganzen Rezepte drin, die ich über die Jahre hinaus auch selber ausgeschnitten habe.
Sammelst Du noch Rezepte?
Ja, als Bookmark im Computer. Aber ich schneide keine mehr aus - da ich keine New York Times mehr kriege.
Was hast Du für Pläne, Ideen fürs nächste Jahr?
Wenn Du mich in ein paar Wochen fragen würdest, hätte ich konkretere Antworten. Es bahnen sich mehrere Sachen an, aber die sind alle noch zu unsicher, dass ich sie jetzt schon beschrieben möchte. Aber wenn alles gut geht, wird 2014 ein schönes Jahr.
Vielen Dank für das Gespräch.

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